Bei der Meditation, treffe ich immer wieder auf bestimmte, in meinem Geiste auftretende Hindernisse, Hemmungen (nivarana) genannt. Sie hindern mich, in die Tiefe meines Geistes vorzudringen um fundamentale Einsichten zu erlangen. Sie sind zum Teil sehr starke akute Störfaktoren, die zu Beginn nicht ganz eindeutig erkannt werden, mit ein wenig Erfahrung und Gewahrsein aber sehr gut unterschieden werden können.
Die fünf Hemmungen:
- Sinneslust (kama-chanda)
- Übelwollen (vyāpāda)
- Mattheit (thina-middha)
- Unruhe (uddhacca-kukkucca)
- Zweifel (vicikicca)
Diese geistigen Hemmungen treten natürlich nicht nur beim Sitzen in der Meditation auf, sondern sie beeinflussen mich Tag täglich bei den verschiedensten Tätigkeiten. Für viele sind das ganz normale Gemütsverfassungen, allerdings erkannte sie der Buddha als Haupthindernisse des spirituellen Fortschritts.
Da sie aber unmittelbare Verfassungen des Geistes sind, nicht wie die zehn Fesseln (samyojana) latent weilen oder wirken, können sie schnell Überwunden werden. Allerdings sind sie sehr hartnäckig, und für die Entwurzelung dieser Hemmungen bedarf es deutlich mehr Aufwand, vor allem aber eine eigene Beharrlichkeit und Entschiedenheit.
Wie erwähnt, sind die Hemmungen auch tief verwurzelt, es geht hier aber darum, zuerst mal die geistige Hemmung, wenn sie erschienen ist zum Verschwinden zu bringen. Dafür muss die erschiene Hemmung zuerst erkannt werden. Das bedeutet, dass ich achtsam sein muss und fähig bin, mein geistiges Befinden analysieren zu können.
So möchte ich hier die dritte Hemmung, die der Mattheit genauer anschauen.
Die dritte Hemmung- Mattheit (tinha-middha)
Die dritte Hemmung nimmt Bezug auf die Mattheit des Körpers und vor allem des Geistes. Diese Hemmung wird oft als Schläfrigkeit übersetzt. Schläfrigkeit ist aber nur die Folge eines trägen Geistes, der sich nicht aufraffen will, um Höheres zu erreichen.
Durch Gewöhnung, welche meistens nicht unbedingt heilsam sind, hat sich mein Geist-Körper Komplex eine Komfortzone geschaffen, in welcher er so wenig wie möglich für ein angenehmes Wohlgefühl machen muss. Diese Konditionierung hemmt mich erheblich, mich weiter entwickeln zu wollen, in die Richtung die mich Befreien wird. Diese Richtung wäre, zuallererst einmal die Abhängigkeit meines inneren Zustandes an die Befriedigung der Sinne zu minimieren.
Der Körper-Geist-Komplex mag aber die einfach zu erlangenden äusseren Objekte, er hat sich ein für ihn passendes Arrangement geschaffen. Er pendelt ständig zwischen Wollen und Sollen, zwischen Befriedigung und vermeintlich verdientes Ausruhen. So wenig Energie wie möglich will er verbrauchen um eine möglichst grosse Befriedigung zu erhalten, da kamen die äusseren Objekte gerade richtig. Er leistet nur so viel, wie er muss, um die gewünschte Befriedigung zu erreichen.
Wenn man sich nun aber entschliesst, ich will mich in Tugend üben, ich will mich in der Geistesschulung (Meditation) üben, ich will mich in der Schule der Weisheit bilden, dann bedeutet das für den, durch Gewöhnung getriebenen, Geist-Körper-Komplex Arbeit. Diese Arbeit hält keine direkte Belohnung für ihn bereit, wie es die Sinnesobjekte jahrelang, Leben lang so vermeintlich erfolgreich getan haben. Es bedarf einer Stetigkeit, einer Anstrengung, die unser Körper-Geist-Komplex nicht gewöhnt ist und das missfällt ihm. Er wird daher schnell müde, matt, denn er hat keine direkte Belohnung in Aussicht und muss mehr leisten als üblich, ohne eine direkte Befriedigung zu erreichen.
Gewohnheiten überwinden
Unser Geist-Körper-Komplex hat sich in einem gewissen Grad selbständig gemacht, deswegen klang es oben so, als wäre der Geist-Körper-Komplex ein aus sich selbst heraus bestehende Entität. Das stimmt natürlich so nicht und wurde von mir nur zur Veranschaulichung so dargelegt.
Dieser Komplex ist durch verschiedene Einflüssen und Bedingungen, in Abhängigkeit entstanden.
Ich denke aber, dass wir die Zügel abgegeben haben. Meiner Meinung nach haben wir als oberste Instanz, durch Unbewusstheit den Körper und Geist walten lassen. Wir haben durch Verblendung vergessen, dass wir aber unser Körper und Geist bewusst steuern können. Mit diesem Wissen, mit unserem Wille, mit geduldigen stetigen Üben und mit der Lehre Buddhas als Richtung, können wir die Zügel wieder in die Hand nehmen und uns steuern.
Meiner Erfahrung nach wirkt die Gewohnheit angenehmes zu erlangen sehr stark, so dass gewisse Früchte erreicht werden wollen. Da wir sonst den Fortschritt nicht erkennen und möglicherweise den Weg der Beherrschung des Körper und Geistes verlassen. Deshalb die Betonung auf die Richtung der Lehre Buddhas, da sie durch Tugendhaftigkeit, durch Beruhigung und Sammlung des Geistes (Meditation) und durch Erkenntnisse uns früh von einer nicht gekannten Glückseligkeit schmecken lässt, so zu sagen als Ersatz für die Sinnesbefriedigung.
Übrigens sind Tugendhaftigkeit, Beruhigung und Sammlung des Geistes (Meditation) und Erkenntnisse keine alleinige Patente des Buddhismus. Sie sind universell und unkonfessionell. Es gibt daher viele Wege, tieferes Wohl zu erlangen.
Planlosigkeit
«Kein besseres Mittel kenne ich, ihr Mönche, wodurch die aufgestiegene Starrheit und Mattigkeit nicht zum Aufsteigen kommt und die aufgestiegene Starrheit und Mattigkeit schwindet, wie die Geisteshaltung des Willenseinsatzes, des Vorwärtsstrebens und der kraftvollen Ausdauer. Wer nämlich, ihr Mönche, seinen Willen einsetzt, in dem kommt die unaufgestiegene Starrheit und Mattigkeit nicht zum Aufsteigen und die aufgestiegene schwindet.» ¹
Der eigene Wille ist also der Schlüssel, um die Mattheit des Geistes zu überwinden. Er braucht aber eine Richtung, er braucht in einem gewissen Masse Ziele. So brauchen wir einen gewissen Plan, eine Richtung. Ohne Richtung kann der Wille nicht oder nur begrenzt eingesetzt werden. Die Gefahr, in alten Gewohnheiten zurück zu fallen ist gross. Wenn aber der Weg, die Früchte und das Ziel offengelegt und erkannt sind, dann wird der eigen Wille wieder zu einem mächtigen Werkzeug.
Der Buddha tat genau dies, er ging genau diesen Weg und legte ihn uns dar, der Weg ist der edle achtfache Pfad, die Früchte sind eine Gemütsberuhigung und Gemütserhellung durch Geisteschulung (Meditation) und das Ziel ist, ist die Auflösung jedweilliges Leidens (nibbana).
Was kann ich aber unmittelbar während der Meditation machen, wenn diese dritte Hemmung in mir eine Mattheit ausbreitet, mich schläfrig macht?
Wie immer muss ich zuallererst die Hemmung erkennen, bei Schläfrigkeit ist dies meiner Meinung nach einfacher als bei einem trägen, matten Geist.
Wenn ich mich müde fühle, atme ich eine längere Zeit tief ein und aus, richte mich in meiner Position auf und richte meinen Willen auf Höhe und Weite. Wenn ich schläfrig bin, dann zieht es mich, meinem Gefühl nach, immer nach unten zum Boden hin, die Körperhaltung wird schlaff, ich fühle mich erdrückt von der Müdigkeit. Diesem Gefühl des nach unten ziehens wirke ich mit der willentlichen gezielten Vorstellung der Straffheit, der Aufrichtung in die Höhe und Ausbreitung in die Weite entgegen.
Falls dies nichts nützt, dann stehe ich auf, wenn möglich gehe ich sogar an die frische Luft, aber immer noch höchst achtsam und ruhig, bis ich mich wieder wach und klar fühle.
Wenn ich sehr achtsam bin und bemerke, dass ich träge werde, noch bevor ich Müde bin, so kann ich den Willen, das Vorwärtsstreben, wie es der Buddha oben beschreibt, nutzen, um der Müdigkeit, bzw. der Mattheit entgegenwirken, indem ich mich aufraffe, mich anstrenge eben nicht Müde zu werden.
Im nächsten Beitrag geht’s weiter mit der Unruhe.
Fussnoten
¹ Aṅguttara Nikāya 1.2
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