Bei der Meditation, treffe ich immer wieder auf bestimmte, in meinem Geiste auftretende Hindernisse, Hemmungen (nivarana) genannt. Sie hindern mich, in die Tiefe meines Geistes vorzudringen um fundamentale Einsichten zu erlangen. Sie sind zum Teil sehr starke akute Störfaktoren, die zu Beginn nicht ganz eindeutig erkannt werden, mit ein wenig Erfahrung und Gewahrsein aber sehr gut unterschieden werden können.
Die fünf Hemmungen:
- Sinneslust (kama-chanda)
- Übelwollen (vyāpāda)
- Mattheit (thina-middha)
- Unruhe (uddhacca-kukkucca)
- Zweifel (vicikicca)
Diese geistigen Hemmungen treten natürlich nicht nur beim Sitzen in der Meditation auf, sondern sie beeinflussen mich Tag täglich bei den verschiedensten Tätigkeiten. Für viele sind das ganz normale Gemütsverfassungen, allerdings erkannte sie der Buddha als Haupthindernisse des spirituellen Fortschritts.
Da sie aber unmittelbare Verfassungen des Geistes sind, nicht wie die zehn Fesseln (samyojana) latent weilen oder wirken, können sie schnell Überwunden werden. Allerdings sind sie sehr hartnäckig, und für die Entwurzelung dieser Hemmungen bedarf es deutlich mehr Aufwand, vor allem aber eine eigene Beharrlichkeit und Entschiedenheit.
Wie erwähnt, sind die Hemmungen auch tief verwurzelt, es geht hier aber darum, zuerst mal die geistige Hemmung, wenn sie erschienen ist zum Verschwinden zu bringen. Dafür muss die erschiene Hemmung zuerst erkannt werden. Das bedeutet, dass ich achtsam sein muss und fähig bin, mein geistiges Befinden analysieren zu können.
So möchte ich hier die erste Hemmung, die der Sinneslust genauer anschauen.
1.Hemmung Sinneslust (kama-chanda)
Die Hemmung der Sinneslust ist meiner Meinung nach die stärkste und vielfältigste der fünf Hemmungen. Sie lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen und versteckt sich hinter vielerlei Formen. Zu Formen ist die Sinneslust aber geneigt, daran lässt sie sich schlussendlich erkennen.
Wenn Sinneslust im meinem Bewusstsein erschienen ist, dann will ich irgendetwas, sei es, was zu essen, kühlere Luft, eine Pause, an die Sonne gehen, ein Vögelchen zwitschern hören, oder Ruhe während der Meditation. Ich will ein angenehmes Objekt durch die 6 Sinne erfahren. Im Buddhismus werden die fünf Sinne Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Fühlen mit Denken als sechsten Sinn ergänzt. Das heisst, dass ich auch im Denken dem Schönen, Lustvollen, dem Angenehmen zu geneigt bin.
Diese Neigung drängt mich, sie hinterlässt ganz subtil ein Gefühl der Unzufriedenheit. Durch das Erreichen des begehrten Objektes aber, erlange ich für kurze Zeit eine angenehme Befriedigung, ein Wohlgefühl. Das Ziel wurde erreicht, die Neigung wurde erfüllt. Schluss, Punkt, fertig…aus…
Leider nein, das Problem an der ganzen Sinnesbefriedigung ist, dass die ersehnten Objekte nicht dauerhaft sind, bzw. Das Wohlgefühl nicht lange anhält. Es verschwindet sehr sehr schnell, und dann brauche ich den nächsten Bissen vom feinen Essen, das nächste schöne Musikstück usw.
Kein Objekt kann uns dauerhaft Befriedigung erschaffen, deshalb haben wir ständig Lust nach etwas Anderem, in der verblendeten Hoffnung, davon dauerhafteres Glück, dauerhafteres Wohlgefühl zu erlangen. Und da komm ich zum Punkt, wir suchen Befriedigung und Glück im Aussen, allerdings sind die äusseren Sinnesobjekte nur der Auslöser für den inneren Zustand des Glücks bzw. des Wohlgefühls. Wir müssen daher nach etwas Beständigerem suchen, dass uns beständigeres Glück bringt.
Nun, jeder der sich ernsthaft mit der Lehre Buddhas befasst, weiss, dass es dieses beständigere Glück im Aussen nicht gibt, es ist im eigenen Innern zu suchen. Diese Suche, wird aber durch die konditionierte Suche im Aussen behindert. Wir sind triebhaft gewöhnt, äussere Objekte als Glücksquelle zu suchen, wodurch sich ein autonomes Muster in der Psyche ergeben hat. Diese Muster gilt es mit Hilfe des Wissens, dass die Quelle des Glückes in uns liegt, zu durchschauen.
Die Auflösung der Sinneslust
Verlangen täuscht uns also Unzufriedenheit vor. Der jetzige Moment reicht nicht aus, wir brauchen etwas anderes. Das ist das Zeichen, dass die erste Hemmung aktiv ist. Der erste Schritt ist somit die Sinneslust zu erkennen. Der Zweite ist, mir in Erinnerung zu rufen (sati), dass die angestrebte äussere Sinnesbefriedigung mich nicht vollkommen erfüllen wird.
Wenn ich in mich hineinfühle, was die Lust in mir bewirkt, ist es oft ein Gefühl des Ziehens, ein unangenehmes Ziehen, ich brauche etwas, eine leichte Ungeduld macht sich bemerkbar, dabei brauche ich nur eins zu tun, nämlich Loslassen.
Loslassen oder Annehmen?
Irgendein ersehntes Objekt, raubt mir die Achtsamkeit auf den gegenwärtigen Moment, manchmal kann ich es aber nicht einfach loslassen, ich muss es zuerst annehmen und akzeptieren, bevor ich es dann völlig loslassen kann.
Gut, du bist jetzt der Störfaktor meiner Meditation, es ist in Ordnung, dass du erschienen bist, nun ist Zeit, ich brauche dich nicht. Du warst da und nun kannst du wieder gehen.
Manchmal hat man aber nicht die Möglichkeit direkten Einfluss zu nehmen, um den Störfaktor zum Verschwinden zu bringen, wie beispielsweise, wenn störende Geräusche die Meditationssitzung stören, dann heisst es annehmen und akzeptieren. Auch das wird vorübergehen. Wobei dies schon in die zweite Hemmung vorgreift.
Durch loslassen, durch akzeptieren des Momentes, wie er ist, hole ich mir die Zufriedenheit des einfachen Seins zurück.
Es wird noch genügend Zeit da sein, über etwas wichtiges nachdenken zu können, das nächste feine Essen kann noch warten, die ideale Umgebung gibt es nicht. Dies sind kleine Helfer, die ich mir vergegenwärtigen kann.
Das Leben eines Mönches/Nonne
Der Buddha nannte für die Ordensleute ganz ein bestimmtes Mittel, um Sinneslust zu überwinden:
«Kein besseres Mittel kenne ich, ihr Mönche, wodurch die unaufgestiegene Sinnenlust nicht zum Aufsteigen kommt und die aufgestiegene Sinnenlust schwindet, wie ein widerliches Objekt. Wer nämlich, ihr Mönche, über ein widerliches Objekt weise nachdenkt, in dem kommt die unaufgestiegene Sinnenlust nicht zum Aufsteigen und die aufgestiegene schwindet.» ¹
Es ist ein sehr gutes Mittel, aber möglicherweise nicht für jeden Laien-Anhänger praktikabel.
Durch die Einfachheit, durch das Gelübde der Besitzlosigkeit, mindert der Mönch / die Nonne, die möglichen Sinnesobjekte. Er radiert aber damit die Muster des Begehrens im Geiste (kāma-rāga) nicht vollkommen aus. Sie verlagern sich, dennoch hat er gute Bedingungen geschaffen, um sich den fünf Hemmung zu zuwenden und zu beseitigen, indem er sich in den Grundlagen der Achtsamkeit (satipatthana) schult.
Die Praxis der Satipatthana gipfelt in der Kultivierung der sieben Erwachungsglieder, so löst er die Hemmungen immer mehr auf. Hier findest du mehr über die vier Grundlagen der Achtsamkeit (satipatthana)
“Da sucht, ihr Mönche, der Mönch einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Achtsamkeit. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz.” ²
Im nächsten Beitrag möchte ich Übelwollen, die zweite Hemmung, genauer anschauen.
Fussnoten
¹ Aṅguttara Nikāya 1.2
² Majjhima Nikaya 39
Bildernachweis
Titelbild: Von pixabay / CC0 Public Domain Lizenz
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Toller Beitrag, ist wohl eine der Grössten Herausforderungen bei der Meditation.
Ich würde sagen nicht nur bei der Meditation, auch sonst im Leben…