Bei der Meditation, treffe ich immer wieder auf bestimmte, in meinem Geiste auftretende Hindernisse, Hemmungen (nivarana) genannt. Sie hindern mich, in die Tiefe meines Geistes vorzudringen um fundamentale Einsichten zu erlangen. Sie sind zum Teil sehr starke akute Störfaktoren, die zu Beginn nicht ganz eindeutig erkannt werden, mit ein wenig Erfahrung und Gewahrsein aber sehr gut unterschieden werden können.
Die fünf Hemmungen:
- Sinneslust (kama-chanda)
- Übelwollen (vyāpāda)
- Mattheit (thina-middha)
- Unruhe (uddhacca-kukkucca)
- Zweifel (vicikicca)
Diese geistigen Hemmungen treten natürlich nicht nur beim Sitzen in der Meditation auf, sondern sie beeinflussen mich Tag täglich bei den verschiedensten Tätigkeiten. Für viele sind das ganz normale Gemütsverfassungen, allerdings erkannte sie der Buddha als Haupthindernisse des spirituellen Fortschritts.
Da sie aber unmittelbare Verfassungen des Geistes sind, nicht wie die zehn Fesseln (samyojana) latent weilen oder wirken, können sie schnell Überwunden werden. Allerdings sind sie sehr hartnäckig, und für die Entwurzelung dieser Hemmungen bedarf es deutlich mehr Aufwand, vor allem aber eine eigene Beharrlichkeit und Entschiedenheit.
Wie erwähnt, sind die Hemmungen auch tief verwurzelt, es geht hier aber darum, zuerst mal die geistige Hemmung, wenn sie erschienen ist zum Verschwinden zu bringen. Dafür muss die erschiene Hemmung zuerst erkannt werden. Das bedeutet, dass ich achtsam sein muss und fähig bin, mein geistiges Befinden analysieren zu können.
So möchte ich hier die zweite Hemmung, die des Übelwollens genauer anschauen.
Die zweite Hemmung- Übelwollen (vyāpāda)
Die zweite Hemmung wird zwar in den Lehrreden oft auf das menschliche Übelwollen (vyāpāda) bezogen, doch liegt diesem Übelwollen der Aspekt der Abneigung (dosa) inne. So ist diese zweite Hemmung die Umkehrseite der Sinneslust (kama-chanda). Diese Hemmung äussert sich als Nächstenblindheit, als Gehässigkeit gegenüber den Mitmenschen, die als Verhinderer meines, durch äussere Objekte zu erlangenden Wohlgefühls betrachtet werden. Fälschlicherweise natürlich. Die Verblendung strickt sich hier also ihr zweites Joch, das uns tief in Samsara hält. Bei der Gemütsverfassung der ersten Hemmung, der Sinneslust, jage ich den Sinnesobjekten hinterher, bei der zweiten Hemmung verstricke ich mich weiter und gebe den äusseren Objekten die Schuld für meine Unzufriedenheit.
Beiden Hemmungen liegt die verblendete Sicht auf die Dinge inne. Beide Hemmungen können daher durch das Wissen, dass kein vergängliches Objekt mich vollkommen zufriedenstellen kann, entgegengetreten werden.
Ich persönlich denke, dass diese Illusion sehr stark wirkt, ja unser ganzes alltägliches Leben windet sich um diese Illusion. Fast jedem Moment sehnen wir uns nach angenehmen und weisen daher das nicht-angenehme ab. Sei es nur eine angenehmere Körperhaltung beim Sitzen, angenehme Zimmer-Temperaturen oder einfach ein konformes Handeln und Reden unserer Mitmenschen.
Übelwollen gegen Mitmenschen
Ich sehe das so:
Weil wir die Interessen, Meinungen und Handlungen unsere Mitmenschen keine angemessen Wert beimessen, sie als getrennt von uns Wahrnehmen, deshalb neigen wir zur Kaltherzigkeit gegenüber unserer Mitmenschen, die nicht eng mit uns Verwandt sind.
In einem Zustand des Übelwollen sehen wir aber nicht wahrheitsgetreu, wir sind geblendet vor Wut und Zorn. Von wo kommt aber dieses Übelwollen? Wenn wir genau hinschauen kommt es tief aus uns selber. Der Mitmensch ist nicht Zuständig für unser Glück, wir sind es aber.
Der Gegenüber möchte genau das gleiche, wie wir selber, glücklich sein und dies erhofft er fälschlicherweise auch durch äusseres, er sitz also im selben Boot. So ist Mitgefühl (karuna) und Güte (metta) angebracht, auch wenn von ihm selber dies nicht zu erwarten ist. Eine wohlwollende Haltung sei daher in jeder Lebenslage angebracht. Die Kultivierung von liebender Güte nannte der Buddha das Mittel, um Übelwollen aufzulösen
“Kein besseres Mittel kenne ich, ihr Mönche, wodurch der unaufgestiegene Hass/Abneigung nicht zum Aufsteigen kommt und der aufgestiegene Hass/ Abneigung schwindet, wie die Güte, die Befreiung des Herzens. Wer nämlich, ihr Mönche, über die Güte, die Befreiung des Herzens, weise nachdenkt, in dem kommt der unaufgestiegene Hass nicht zum Aufsteigen und der aufgestiegene schwindet.” ¹
Diese Anweisungen von Buddha zur Überwindungen der Hemmungen sind ganz simpel. Sie nützen mir aber nur, wenn ich sie mir in Erinnerung rufen kann und dann auch anwende.
Eigene Abneigung
Bezogen auf mich selber, kann sich Übelwollen, bzw. Abneigung auf sehr verschiedenen Weisen und sehr subtil bemerkbar machen. Wichtig ist hier auch wieder, eine stetige Achtsamkeit auf den eigenen Bewusstseinszustand zu halten und die Kostüme, worunter sich Abneigung gerne verbirgt, zu kennen und entlarven zu können. Ähnlich wie bei der Sinneslust, bezieht sich die Abneigung auf Objekte. Diese Objekte geben mir den Eindruck, jetzt nicht zufrieden sein zu können und verführen mich dazu, dasjenige Objekt wegzustossen, loszuwerden, zu bekämpfen, verdrängen, oder ändern zu müssen, welches mich von der vermeintlichen Zufriedenheit abhält. Zufriedenheit ist aber kein Ergebnis von etwas haben oder nicht haben, sondern von Sein. Zufrieden ist man im Hier und Jetzt, nicht erst später und schon gar nicht, wenn ich irgendetwas weghaben will.
Unangenehmes werden wir immer wieder erfahren, auch wenn wir erleuchtet sind. Wie wir darauf reagieren, das ist der Schlüssel. Mit Gleichmut, mit Güte und/oder mit Mitgefühl löse ich somit dieses Übelwollen auf. Es bedarf also einer Stetigkeit, diese Qualitäten ins Bewusstsein zu rufen. Dies kann man sich angewöhnen, auch mit Hilfe der Metta-Meditation. Hier erfährst du mehr darüber
Im nächsten Beitrag geht’s weiter mit der Mattheit des Geistes.
Fussnoten
¹ Aṅguttara Nikāya 1.2
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Toller Blog, viel gelernt, herzlichen Dank