In den kommenden Wochen, möchte ich immer wieder verschiedene Meditationstechniken vorstellen.
Beginnen möchte ich mit «Open Awareness», einer Meditationstechnik, die man unter dem Sammelbegriff Vipassana einordnen kann, das heisst, das «Ziel» dieser Technik ist Einsichten (vipassana) in die wirkliche Natur des eigenen Geistes zu erhalten.
Allgemeines über Open Awareness
Die Technik wird so hauptsächlich in Myanmar gelehrt. Mittlerweile gibt es Ableger in vielen anderen Ländern und die Technik erfreut sich wegen seiner Einfachheit und Unkompliziertheit einer immer grösseren Beliebtheit. Der Patron dieser Meditationsart ist der ehrwürdige Shwe Oo Min Sayadaw, der bekannt war für seine Güte und Unvoreingenommenheit. Er lernte beim bekannten burmesischen Meditationsmeister Mahasi Sayadaw und entwickelte so seine Methode der Achtsamkeit.
Sein Schüler Sayadaw Ashin U Tejaniya lehrt heutzutage im Hauptkloster in Yangon, (Kloster im Retreat-Guide anschauen). Er ist meistens zwischen Dezember-Februar und Juli-Oktober anwesend, ansonsten reist er um die ganze Welt um Meditationskurse zu geben. Es ist sehr empfehlenswert, bei ihm persönlich zu lernen, da er eine sehr angenehme Art hat und sehr klar ausgedrückt unterweist, er spickt hier an du ein paar Lacher in seinen Unterweisungen, was die Stimmung auflockert.
Das Shwe Oo Min Dhammasukha Tawya Meditation Centre steht allen Praktizierenden offen, wenn man sich vorher per Email beim Kloster meldet, bekommt man einen sponsorship letter, mit dem man ein Meditations-Visa für Myanmar beantragen kann. So kann man, anstelle von nur 28 Tagen, drei Monate im Myanmar bzw. im Kloster verbringen.
Technik Open Awareness
Die Methode zielt darauf hin, nicht nur ein auf bestimmtes Meditationsobjekt seine Achtsamkeit zu lenken, sondern nimmt jedes Objekt, die durch die 6 Sinnestore (inkl. Denken) kommen, mit einer offenen Wahrnehmung (open awareness) wahr. Die Augen werden daher offen gelassen.
Ich belasse alles so wie es jetzt gerade ist, ich werde nicht versuchen bestimmte Sinneswahrnehmung zu beobachten, sondern ich werde den eigenen Geist beobachten, der seine Aufmerksamkeit dem momentan vorherrschenden Sinneseindruck zu lenkt. Dies werde ich nur zur Kenntnis nehmen, ohne zu beurteilen oder zu beeinflussen. Ich nehme sozusagen die Position des Beobachters hinter dem Beobachter (eigener Geist) ein.
In der Praxis sieht das so aus: Ich nehme z.Bsp. ein Geräusch wahr, analysiere es aber nicht, sondern nehme nur zur Kenntnis, dass ich gerade «am hören bin». Lenkt danach der Geist seine Aufmerksamkeit wieder auf einen Seh-Eindruck, dann nehme ich dies zur Kenntnis als «ich bin am sehen». Das gleiche geschieht beim Denken. Wenn der eigene Geist seine Aufmerksamkeit dem Denken zuwendet, versuche ich einfach nur wahrzunehmen, dass ich gerade «am denken» bin, nicht aber über den Inhalt nachdenke.
Durch diese Position des Beobachter hinter dem Beobachter erkenne ich, wie die Sinnesobjekte mein Denken und Fühlen beeinflusst.
Nach einer Weile, nehme ich deutlich die bedingte Reaktionskette wahr. Ich bin in einer endlosen Kette von Aktion-Reaktion eingebunden, und reagiere meiner Gewohnheiten gemäss darauf. Diese Gewohnheiten sind natürlich sehr individuelle Prägungen. Dennoch kann man drei Tendenzen ausmachen (auch Wurzel-Geistestrübungen genannt), mit denen wir reagieren und zwar mit Verlangen (lobha), oder mit Abneigung (dosa) oder mit Verblendung (moha). Genau dies soll mit dieser Methode erkannt und abgewöhnt werden. Denn diese drei Trübungen sind die Quelle unserer Leiden im Leben. Sie sind aber bloss die eigenen geistigen Reaktionen auf Sinneswahrnehmung und können somit überwunden werden.
Durch die anhaltende Praxis gewinnt man tiefe Einsichten in den eigenen geistigen Prozess, erkennt Verhaltensmuster, die Bedingt sind, allerdings kann man sie durch Einsicht ihrer Stärke berauben und immer mehr auflösen.
Es gilt das Prinzip von Informationen sammeln (über den eigenen Geist), Informationen auswerten und Einsichten erlangen, wobei dies unbewusst angewendet wird mit Vertrauen in die eigene geistigen Fähigkeiten.
Die Methode ist sehr unkompliziert, es wird keine Wert gelegt auf zeitliche Meditationssitzungen, sondern praktiziert wird immer und überall. Eine passende Einstellung dazu, die vermittelt wird ist, dass sich der Geist und der Körper wohlfüllen soll. Eine lange Sitzmeditation, die möglicherweise mit Schmerzen verbunden ist, fördert nur Abneigung (dosa) und in ihrer Umkehrform natürlich Verlangen (lobha), da man die ganze vorgeschriebene Zeit durchgesessen hat und das nächste Mal wieder gleich lange sitzen möchten.
Rechte Einstellung zur Meditation (right attitude)
Ich möchte hier drei Kernpunkte nennen, der rechten inneren Einstellung zur Meditation, die so gelehrt werden.
- Meditieren bedeutet auf entspannte Weise
zur Kenntnis zu nehmen und zu beobachten
was auch immer passiert – sei es angenehm
oder unangenehm.
- Meditieren bedeutet zu betrachten und
geduldig mit Achtsamkeit und Einsicht zu
warten. Meditation bedeutet NICHT zu
versuchen, eine Erfahrung zu machen, von
der du gehört oder gelesen hast.
- Schenke deine Aufmerksamkeit einfach
dem gegenwärtigen Moment.
Verliere dich nicht in Gedanken an die
Vergangenheit.
Lass dich nicht von Gedanken an die
Zukunft forttragen.¹
Fazit
Diese Meditationstechnik ist sehr einfach, aber genau diese Einfachheit macht sie gerade schwierig, denn wir sind abtrainiert immer etwas zu machen, mindestens geistig zu reagieren.
Ich lasse aber den Geist gewähren und beobachte nur. Ich brauche daher auch keine geistige Anstrengung zu unternehmen, wichtig ist nur die Konstanz des Beobachtens, das heisst, dass ich immer versuche, eine Beobachter Position einzunehmen. Dies ist nicht ganz einfach, da man sich immer wieder im Tun und Denken verwickelt.
Durch diese Anstrengungslosigkeit entwickelt man neue Energien, die bis anhin fürs Denken oder andere energieraubenden Prozesse benutzt wurden. So wird der eigene Körper-Geist Komplex beruhigt und öffnet sich für tiefe Einsichten mit dem Ziel, Verlangen, Abneigung und Unwissenheit zu überwinden.
Dies ist ein kleiner Einblick in die Open Awareness Meditation, wer darüber mehr erfahren möchte, kann dies auf der Webseite von Sayadaw Ashin U. Tejaniya tun. Er bietet kostenlos Bücher zu genau diesen Themen zum Download an.
Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in diese Meditationstechnik gewähren. Bald geht es weiter mit einer anderen Meditationstechnik
Fussnoten
Bildernachweis
Titelbild: Von pixabay / CC0 Public Domain Lizenz
Right attitude: Von td2009 / CC0 Public Domain Lizenz