Man kann Karma, von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachten. Ich möchte hier allgemein auf Karma eingehen und falsche Vorstellungen wegräumen, näheres und weiteres über Karma findest du hier.
Vorneweg, wir sind nicht dem Zufall unterworfen noch ist Karma ein Strafgericht oder eine Vergeltungsmassnahme von Gott oder den Göttern und es soll auch kein Müssen implizieren.
Karma ist gleich einem Naturgesetz, welches besagt, dass jede Wirkung eine Ursache hat, von Nichts kommt Nichts, alles hat seine Gründe.
Es wird leider oft falsch verstanden, zum Beispiel als Strafe für frühere Handlungen und daher wird es oft als eine Einengung empfunden. Es wird als Eingriff in die eigene Freiheit empfunden, gleich wie die Gesetze der staatlichen Organe es scheinbar tun. Nur kann es nicht damit verglichen werden. Durch diesen weltlichen Bezugsrahmen, diese Einengung im weitesten Sinn, übernehmen viele die gleiche Empfindung gegenüber dem Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma). Sie empfinden es als verordnet, nicht eigen und lehnen es daher oft ab, können sich aber in beiden Fällen der Konsequenz, in diesem Fall der Rechtsprechung nicht entziehen. Dies färbt auf das Verständnis einer Lehre, wie der der Ursache und Wirkung ab.
Sie sehen aber nicht klar, sie nennen es ein weiteres religiöses Dogma, wie «du sollst nicht….» etc.
Universelles Prinzip
Karma ist universell, es kann keiner Religion zu geordnet werden, obwohl es natürlich ausdrücklich im Hinduismus und Buddhismus gelehrt wird. Gleich wie man das Gesetz der Schwerkraft nicht dem Westen eigen machen kann, da es ja offensichtlich jeden betrifft, obschon es von Newton «entdeckt» wurde. Das Prinzip von der Ursache und Wirkung wurde einfach nur durch die alten indischen Schriften (Veden) überliefert und gelehrt. Betreffen tut es aber jeden, auch wenn man Christ, Muslim, Atheist oder Freidenker usw. ist, gleich wie die Schwerkraft. Man kann sich das Wissen um die Schwerkraft zunutze machen, ist aber auch frei, sie nicht zu beachten. Die Wirkung der Schwerkraft ist aber da, obgleich man sie nicht beachtet.
Das Gleiche geschieht mit dem Gesetz von Karma, man kann es verneinen, es als dogmatisches Hirngespenst religiöser Apologeten abtun, dennoch wirkt es. Möglicherweise sieht man die unmittelbare Wirkung von einer Handlung nicht, wie bei der Schwerkraft. Die Wirkung kann sich verzögern und vor allem, ist die Wirkung nicht nur das Resultat einer Handlung, sondern viel mehr das Resultat einer Absicht, die hinter der Handlung steht und diese Absicht ist nicht immer deutlich, da verschiedene Bedingungen (niyamas) auf uns wirken.
Das Denken erschafft, es erschafft unsere aller eigenen Zukunft. Die Handlung ist meistens nur der Folgeschritt von der Absicht, also vom Denken. Übrigens wird im Buddhismus das Denken und das Herz (Gefühl) zusammen als ein Begriff gebraucht, nämlich Citta.
Denken geschieht aber auf unterschiedlichen Ebenen, bewusst aber auch unbewusst, getrimmt und getrieben durch Gewohnheiten. Alles beginnt somit zuerst im Geist und manifestiert sich dann im aussen, in Form eines Hauses, eines Kindes, eines Mordes, einer Lüge usw.
Die momentane Geistesqualität erschafft durch die Absicht einen weiteren Bewusstseinszustand, die unmittelbar die gleiche Qualität in sich trägt, nur sich vielleicht im aussen anders darstellt. Sobald die Geistesqualität verblüht, also ausgewirkt hat, kommt eine neue Qualität zum Vorschein, passend zu den Bedingungen, die gerade vorherrschen. Man kann aber bewusst die eigene Geistesqualität ändern und so Einfluss nehmen.
«Sollte, ihr Mönche, die Behauptung zutreffen, dass der Mensch für jedwede Tat (kamma), die er verübt, die ihr jedesmal genau entsprechende Wirkung erfährt so ist in diesem Falle, ihr Mönche, eine heiliger Wandel ausgeschlossen und keinerlei Möglichkeit besteht für völlige Leidensvernichtung.» ¹
Was man sät, wird man ernten
Karma muss also richtig Verstanden werden. Man kann nur das ernten, was man auch wirklich gesät hat, nichts anders. Die Wirkung kann sich aber verschieden äussern. Dieser Ausspruch stammt übrigens aus der Bibel Galater 6,7-8. Es gab also auch im alten Orient dieses Verständnis
Wann erntet man?
Erst wenn die Bedingungen um zu reifen gegeben sind. Wie in der Natur. Sät man einen Samen für einen Apfelbaum, bleibt aber Regen aus, kann der Samen nicht spriessen und es wächst kein Apfelbaum. Der Sommer vergeht und der Same hatte immer noch nicht die richtigen Bedingungen erfahren, um zu wachsen. So bleibt die Ernte aus. Der Same hat sich aber nicht aufgelöst, sondern liegt immer noch im Boden, und im nächsten Sommer, oder übernächsten oder wann auch immer, wenn die Bedingungen für diesen Samen passen, wird er spriessen und es wird einen Apfelbaum daraus, nicht irgendetwas anders.
Ähnlich, aber ungemein komplexer läuft das bei uns ab. Jeder Gedanke, jede Absicht und jedes Gefühl hinterlässt im unendlichen Strom vom eigenen Bewusstsein einen Samen, und je nach der Intensivität und den Bedingungen, braucht der Same eine Weile, bis er herangereift ist und sich vielleicht als wütendes Erwidern ausdrückt, wenn die Frau nur frägt, wo du so lange warst?
Diese wütende Reaktion auf eine harmlose Frage erschafft nun bei der Ehefrau ebenso eine Reaktion, je nach Konditionierung, in ihr selber und legt seinerseits einen Samen mit der entsprechenden Qualität ab. Wenn ein Samen aus Zorn von früher nun gereift ist, wird sie auch zornig reagieren, in Denken, mit Gefühlen oder im Sprechen (Handeln).
Es ist also ein undurchschaubares Zusammenspiel von abhängigen Bedingungen und Ereignissen.
Die Absicht ist dabei nur eine Ebene, auf der wir wirken und die auf uns wirkt. Es gibt vier weitere Ebenen (Niyamas), in welchen das Prinzip der Ursache und Wirkung wirkt bzw. der bedingten Entstehung. Ich erläutere die fünf Ebenen der bedingten Entstehung in einem separaten Beitrag hier.
Wir können aber unseren Geist trainieren, so zu agieren wie wir wollen und nicht einfach den gewohnten Mustern folgend. Es kann nichts ohne Bedingungen geschehen, ob es nun schlecht oder gut ist, ist ein Bewertungsfrage. Alles hat aber seine Ursachen, alles.
Von der Passivität zu Aktivität
Der Schlüssel liegt bei uns, nicht bei den Göttern, beim Teufeln, beim Zufall oder bei wem auch immer. Wir wissen, dass wir der Erschaffer unserer eigenen Zukunft sind, so können wir ganz bewusst unsere Zukunft selber mit gestalten, und gestaltet wird immer im Hier und im Jetzt. Denn wenn wir wissen, das gleiche gleiches erschafft, so müssen wir nur bewusst unsere negativen Gedanken, Haltungen, Reaktionen, zügeln. Ein ideales Hilfsmittel ist der Ausdruck von Gleichmut.
Wir werden weiterhin unangenehmes, unheilsame (akusala) erfahren, da verschiedene Ebenen (Niyamas) auf uns wirken, es liegt aber an uns, darauf nicht mit negativen Emotionen zu reagieren, bzw. gleichmütig zu sein. Wir können sogar solche Momente nutzen, und heilsames (kusala) in Denken, Reden und Handeln fördern, so erschaffen wir uns eine heilsame Zukunft. Wir reagieren als nicht mehr unbewusst, welche je nach Konditionierung negativ sein könnte, sondern agieren positiv, mit Mitgefühl oder sogar mit Liebe, für jene Person, die es gerade nicht gut meint mit uns. So erschaffen wir in einem widrigen Ereignis eine positive Geistesqualität und säen somit Mitgefühl oder Liebe….
Von nichts kommt nichts, wie können wir nur auf das Paradies hoffen, wenn wir das Paradies nicht selber mit erschaffen, wie können wir auf die Gutmütigkeit der Menschen hoffen, wenn wir selber nicht Gutmütig sind. Mit diesem Verständnis gehen wir von der Passivität in die Aktivität über
Wo liegt denn die Freiheit?
Im Jetzt liegt die Freiheit, nicht in der Zukunft und wenn uns das Prinzip von Karma was sagen sollte, dann erlebe den Moment bewusst und erschaffe so den nächsten. Wenn man durch Erfahrung erkennt, dass man von nichts abhängig ist und lernt loszulassen, ist das die grösste Freiheit, die man erreichen kann.
Was will man eigentlich, denn das wichtigste ist schon da, es ist alles in dir selber, nicht im äusseren zu finden. Willst du Freude, dann erschaff sie, willst du Liebe, dann erschaff sie, willst du Glück, dann erschaff es. Du bist der Gestalter in deinem Leben, nicht die äusseren Gegebenheiten, pack die Zügel und fang an zu lenken. Jedem Moment liegt alles inne, von Liebe bis Hass, wir sind nicht abhängig vom aussen, das kommt uns nur vor, weil wir aus Unwissenheit gehandelt haben.
Karma, welches ursprüngliche Handeln heisst, lässt uns die Freiheit, zu tun und lassen was wir wollen, es schränkt uns nicht ein, wir erschaffen alles mit, und wir dürfen alles mit erschaffen was wir wollen, wir müssen uns einfach dann nicht über die Wirkung wundern…. Stell dir nur die Frage, was will ich denn eigentlich?
Willst du noch mehr über Karma wissen, klicke hier.
Fussnoten
¹ Aṅguttara Nikāya 3.111
Bildernachweis
Titelbild: Von pixabay / CC0 Public Domain Lizenz
drei Mönch Figuren: Von pixabay / CC0 Public Domain Lizenz