Gerade in unserer heutigen, schnelllebigen, unpersönlichen, mechanisierten Gesellschaft, ist es wichtig, Auszeiten zu nehmen. Die Wochenenden sind meistens schon verplant und helfen uns so nicht wirklich, Zeit für sich selber zu nehmen. Das Prinzip eines Retreats, eines Zurücktretens bzw. Zurückziehens von dem Alltäglichen ist eine Wohltat für uns selber.
An einem eigens dafür passenden Ort, oft wunderschön in der Natur eingebettet, nehmen wir uns mal wirklich Zeit für uns selber, nicht dass wir uns gehen lassen, faul herumliegen, unser eigene Sinneslust befriedigen, das können wir auch zu Hause. Wir nehmen uns Zeit für uns besser und tiefer kennenzulernen, und somit lernen wir die Welt draussen auch ein Stück besser kennen. Oft werden wir so mitgerissen vom Tempo der Moderne, dass keine Zeit bleibt, den eigenen Geist und dessen Funktionsweise zu erforschen.
Die eigenen inneren Abläufe unserer Psyche zu kennen ist aber sehr wichtig. Was hilft es uns einen Master im Ingenieurwesen, wenn wir in uns selber eine Unordnung haben und keine Übersicht, geschweige Kontrolle über unsere Emotionen und Gedanken haben. Gut, die Arbeit und die Bildung sind schon wichtig, sie sind da für unseren Lebensunterhalt zu sorgen. Mehr aber nicht, selten ist jemand zu finden, der seine wahre Berufung gefunden hat und der innerlich aufblüht bei seiner Tätigkeit. Ich glaube für die meisten ist die Arbeitswelt eine Belastung. Man erhält immer mehr Verantwortung, die einem vielleicht nicht liegt, der Zeitdruck und Leistungsdruck steigt. Machen wir das so Jahre, vernachlässigen wir unseren Körper und unseren Geist, wirkt sich das erheblich auf die Gesundheit aus. Die vier Wochen Urlaub reichen meistens nicht mehr aus, da die künstliche Verantwortung uns auch nicht in den Ferien loslässt, um uns wirklich Hilfreich regenerieren zu können.
Dem Körper und Geist wieder Ruhe gönnen, mehr noch, den Körper und Geist kennen lernen, auf eine direkte, unverblendete Art, für das sind Retreats da. Sie sind die ideale Kur, um uns aus dem weltlichen zurückzuziehen und uns aufs Wichtige zu konzentrieren, auf die Wirk-lichkeit. Wir haben in uns einen Mikrokosmos, dieser wirkt auf die Aussenwelt ein, es ist daher von grösster Bedeutung, diese innere Welt zu kennen und zu führen (siehe Karma).
Nicht umsonst rät der Dalai Lama zu einem jährlichen Retreat von drei Monaten. Gut, drei Monate sollte für die meisten nicht drin liegen, aber doch einmal im Jahr eine Woche «sollte» man in Erwägung ziehen. Falls du auf der Suche bist nach einem Retreat, findest du hier passende Retreats in verschiedenen Ländern Europas, Asiens und den USA.
Der Weg zu uns
Buddha lehrte uns den Weg nach innen durch den edlen achtfachen Pfad.
Zuerst sollen wir uns tugendhaft verhalten, dann unsere Sinne zügeln. Mit dieser Beruhigung unseres Wesens können wir dann in die Tiefen unsere Psyche, in den Kosmos in uns vordringen. Ein kleines Abbild dieses grossen Pfades (maha vagga), erleben wir, wenn wir uns in ein Retreat begeben.
Geistestrübungen (Kilesa)
Es kann vorkommen, dass das Retreat stürmisch ist, je nach den eigenen Geistestrübungen (kilesa). Diese Trübungen müssen aber angeschaut werden um sie dann ihrer Nichtigkeit und Leidhaftigkeit zu durchschauen und aufzulösen. Dafür gibt es keinen besser Ort, als im Schutze eines Retreats.
Es werden zehn Geistestrübungen (Kilesa) unterschieden.
- Verlangen
- Aversion
- Verblendung
- Dünkel
- Ansichten
- Zweifel
- Starrheit
- Aufgeregtheit
- Schamlosigkeit
- Gewissenslosigkeit ¹
Die ersten drei sind die Wurzel aller unser Trübungen. Sie beeinflussen auf eine Weise die sieben restlichen Trübungen.
Diese Kilesa trüben unsere Sicht auf den reinen Geist, auf die reine Wirklichkeit. Sie ziehen uns in die Dramen der Welt, sie spielen uns ihre Wichtigkeit vor. Sie sind allerdings nur Geistphänomene, die in Zusammenhang von einer bedingten Ursache heraus entstanden. Wir haben unheilsam auf einen Sinneskontakt reagiert und so unser reiner Geist befleckt. Nun, das ist alles Vergangenheit und soll meines Erachtens nicht als einzige Unterstellung dienen. Wichtig ist, dass wir sie auflösen können. Dafür müssen wir sie zuerst überhaupt bewusst wahrnehmen und verstehen. Und dies machen wir am besten in einer dafür ausgelegten und geeigneten Umgebung, mit Hilfe eines erfahrenen Meditations-Lehrer und/oder Meditations-Lehrerin.
Die Macht der Gemütsruhe
Einen ruhigen und gelassenen Geist zu haben ist nicht nur für die körperliche und mentale Gesundheit sehr wichtig, sondern auch für die Innenschau.
„Gleichwie da einer, ihr Mönche, der am Ufer eines trüben, aufgewühlten und schlammigen Teiches steht, trotz seiner Sehkraft unfähig ist, darin die verschiedenartigen Muscheln, den Sand und die Kieselsteine sowie die Scharen der sich darin tummelnden Fische zu erkennen; eben wegen des trüben Wassers: ebenso auch, ihr Mönche, kann der Mönch bei verschlacktem Geiste weder das eigene Heil erkennen, noch das Heil anderer, noch das gemeinsame Heil, und er vermag auch nicht jene ungewöhnliche Errungenschaft des zur Heiligkeit befähigenden Erkenntnisblickes zu verwirklichen; eben wegen seines verschlackten Geistes.“ ²
Ein, durch Hektik, Stress und Leistungsdruck getriebenen Psyche ist schwer auf den Grund zu kommen. Ihre Geheimnisse zu entdecken ist schwierig, um sich mehr Seelenfrieden, durch Erkenntnis und Loslassen, zu erschaffen. So ist das regelmässige Zurückziehen zu fördern, in Form eines zurückgezogenen Lebens (Mönch) oder für die Hausmenschen in Form einer regelmässigen meditativen Praxis und eines jährlichen Retreats…..
Hier im Retreat-Guide findest du passende Retreats
Fussnoten
¹ Visuddhimagga XII
² Anguttara-Nikaya.1.7
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